Was bedeutet “literacy”?

In meiner aktuellen Tätigkeit in der Erwachsenenbildung habe ich mit immer heterogeneren Gruppen von Lernenden zu tun. Manchmal bin ich bei fremdsprachigen Teilnehmenden nicht sicher, wie vertieft ihre Lese- und Schreibkompetenzen (literacy) in der Muttersprache wirklich sind. Oft sind ihre ICT-Fähigkeiten besser als ihre Schreibfähigkeiten. Manchmal können sie menschliche Situationen schnell erfassen und stimmige Aussagen in Deutsch, ihrer Zweitsprache, machen. Welche Kompetenzen sind für sie wichtig im Alltag? Wie werden diese in ihrem Arbeitsumfeld erfasst und beurteilt?

Die beliebte Einteilung zwischen praktischen und theoretischen Fähigkeiten hilft mir da nur begrenzt weiter. Das Verstehen von komplexen Zusammenhängen und die Reduktion auf umsetzbare Handlungen im Alltag ist gefragt. Reflexionsfähigkeiten sind genauso wichtig wie Lese- und Schreibkompetenzen in der Fremdsprache.  Jeder von uns braucht unterschiedliche „literacies“, je nach den unterschiedlichen sozialen und institutionellen Kontexten, in denen wir uns bewegen (Arbeit, Lehre, Studium, Zuhause).

Der Unesco Report ‚Rethinking Literacy’ aus dem Jahr 2013 fasst fünf bestehende Konzepte von „literacy” zusammen:

  • Literacy als Fertigkeit (zu lesen, schreiben und rechnen),
  • Literacy als angewandte, situierte Handlung oder Anforderung (z.B. „work-based literacy”);
  • Literacy als ein Set von soziokulturellen Praktiken in einem bestimmten Umfeld;
  • Literacy als Kompetenz einer Person, ihre Fähigkeiten zum Erreichen ihrer (Kommunikations-) Ziele einzusetzen und
  • Literacy als Werkzeug (gesellschafts-) kritischer Reflexion.

Gerne gebe ich einem Experten aus dem europäischen Projekt EPALE das schriftliche Wort.

https://ec.europa.eu/epale/de/blog/what-literacy